Immer wieder prangt der Name kleingedruckt auf der Instrumententafel von Young- und Oldtimern. Doch, kaum einer kennt die Firma, die hinter „Veglia“ steckt. Dabei steht Veglia wie kaum ein anderer Name für klassische Instrumente mit italienischem Flair. Drehzahlmesser und Tachos von Veglia prägten über Jahrzehnte das Cockpit legendärer Fahrzeuge. In diesem Artikel beleuchten wir die Geschichte des Herstellers, die Technik hinter den Instrumenten und warum Veglia bis heute bei Oldtimer-Liebhabern so begehrt ist.
Der Name „Veglia“ stammt aus dem Italienischen und bedeutet „Wache“ oder „Weckuhr“ – äußerst passend für eine Uhrenfirma.
Von Mailand in die automobile Welt: Die Geschichte von Veglia
Dachfirma ist die italienische Unternehmensgruppe Borletti, gegründet von Romualdo Borletti im Jahr 1897 zur Produktion von Uhren auf Lizenz der amerikanischen Gesellschaft Westclock und verschiedener Schweizer und deutscher Marken. Sie wurde von den Söhnen Aldo und Senatore Borletti ausgebaut, die das Unternehmen während des Ersten Weltkriegs auf Rüstungsproduktion umstellten. Am Ende des Konflikts wurde das Unternehmen auf zivile Produktionen im Bereich der Feinmechanik umgerüstet: Zu seinen Produkten gehörten neben Uhren und Auto-Instrumenten (insbesondere Kilometerzähler) Nähmaschinen und weitere Messinstrumente.

Historische Aufnahme aus dem Jahr 1926. 1926: Gruppe englischer Uhrmacher bei einem Besuch im Borletti-Werk in der Via Washington in Mailand. Bildquelle: ignoto (https://it.wikipedia.org/wiki/File:Lavoratori_borletti_milano_inizio_secolo.jpg), „Lavoratori borletti milano inizio secolo“
Unter der Marke Veglia wurden verschiedene Produktlinien vermarktet, immer mit dem alleinigen gleichnamigen Namen, später übernahm die Linie der Veglia „Vagary“ den Vorrang, als sie 1991 vom japanischen Konzern Citizen übernommen wurde und als autonomer Marke den Entry-Level-Bereich unter strenger Kontrolle des Mutterhauses darstellte. Die Marke „Veglia“ blieb jedoch vor allem für ihr Hauptgebiet bekannt: die Tachometer und Kilometerzähler.
Die Familie Borletti gehörte zu den einflussreichsten Familien Mailands, war im Mäzenatentum aktiv und besaß eine große Villa in der Via San Vittore 40: Die 1936 erbaute Villa, mitentworfen von Gio Ponti, gilt als eines der historischen Gebäude der modernen Architektur der Stadt. Die Familie war Mitbegründer von Rinascente, Upim und Standa. Von 1917 bis in die frühen 70er-Jahre besaß die Familie auch die ersten beiden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Borletti von Senatore Borletti jr., Sohn von Aldo, geleitet und nach seinem vorzeitigen Tod 1974 von seinem Bruder Ferdinando. Unter ihrer Leitung entwickelte sich das Unternehmen stark und wurde zu einem der führenden Unternehmen im Bereich der Autozulieferteile. Borletti expandierte auch ins Ausland, insbesondere nach Frankreich, Argentinien und Kanada.

Ein Ferrari 328 GTS Baujahr 1989. Alle Anzeigen werden hier von Veglia kontrolliert. Bildquelle: Eagle2308 – stock.adobe.com
Besonders italienische Hersteller wie Alfa Romeo, Ferrari, Fiat, Lancia und Maserati setzten auf Veglia-Technik, da Präzision, Design und Robustheit überzeugten.

Bildquelle: Egal, ob Tacho, Öldruck, Kühlwassertemperatur oder Drehzahl -Veglia Borletti hat im Ferrari-Cockpit alles im Griff – Bildquelle: Josh Bryan – stock.adobe.com
Wussten Sie schon? Veglia Borletti produzierte auch Uhren für zahlreiche italienische Oldtimer und Sportwagen, darunter Fiat 124 Spider/Coupe, Alfa Romeo Spider/Giulia, Ferrari 365 GT/328/250 GTO/GTE/California, Lancia Beta Montecarlo/Delta, Maserati und De Tomaso – oft als präzise Armaturenbrett-Quarzuhren oder moderne Digitaluhren in den 1960er bis 1980er Jahren.
Technik für hohe Drehzahlen: Veglia im Motorsport
Ein wichtiger Erfolgsfaktor lag in der Nähe zum Motorsport. Veglia entwickelte Instrumente, die auch bei hohen Drehzahlen zuverlässig arbeiteten – eine Grundvoraussetzung für Rennwagen. Drehzahlmesser mit klarer Skala, guter Ablesbarkeit und hoher Genauigkeit machten Veglia schnell zum bevorzugten Ausrüster vieler Sportwagenhersteller.
Bis in die 1950er-Jahre waren alle Mercedes-Benz-Rennwagen mit Veglia-Borletti-Instrumenten ausgestattet, die den Schriftzug VEGLIA deutlich zeigten
Vor allem in den 1950er- und 1960er-Jahren fanden sich Veglia Drehzahlmesser in zahlreichen Renn- und Serienfahrzeugen wieder. Sie halfen Fahrern, den optimalen Schaltpunkt zu finden und trugen damit aktiv zur Performance des Fahrzeugs bei.

Mercedes-Rennwagen setzten ebenfalls auf Veglia Borletti. Bildquelle: Belogorodov – stock.adobe.com
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Technik und Design: Typische Veglia Drehzahlmesser
Veglia-Drehzahlmesser waren meist mechanisch angetrieben. Die Welle kam in der Regel direkt vom Verteiler oder Motor. Später wurden auch elektrische Varianten produziert, die sich vor allem in moderneren Fahrzeugen finden. Folgende Aspekte sind für Veglia-Drehzahlmesser charakteristisch:
- Klare, kontrastreiche Ziffernblätter
- Klassische Schriftarten
- Schwarze oder cremefarbene Skalen
- Rote Markierungen im oberen Drehzahlbereich
- Hochwertige Metallgehäuse
Veglia Tachos: Zuverlässige Messinstrumente für den Alltag
Das Design von Veglia Instrumenten zeigte sich stets funktional und elegant. Das gilt nicht nur für Drehzahlmesser, sondern auch für Veglia Tachos. Sie galten als robust, präzise und langlebig, wodurch sie sich ideal für den Alltagsbetrieb eigneten.
Tachos von Veglia wurden als zentrale Rundinstrumente oder in Kombination mit Zusatzanzeigen für Tank, Temperatur und Öldruck gefertigt. Die mechanische Technik basierte meist auf einer Tachowelle, die von Getriebe oder Achse angetrieben wurde. Dank der guten Ablesbarkeit wurden die Messinstrumente auch bei Nachtfahrten und im Motorsport geschätzt.
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Veglia Messinstrumente: Historische Kultobjekte für Oldtimer-Fans
Veglia steht für eine Epoche, in der das Autofahren noch stark mechanisch geprägt war. Drehzahlmesser und Tachos waren keine anonymen Anzeigen, sondern präzise Werkzeuge mit Charakter. Sie erzählten dem Fahrer, was der Motor tat, und sorgten für eine direkte, mechanische Rückmeldung. Die Instrumente wurden von einem zeitlosen Design und einer langlebigen Technik geprägt, die ohne Software und Displays auskam.
Zwar sind moderne Instrumente funktional überlegen, doch bieten Veglia Drehzahlmesser und Tachos ein unvergleichliches Fahrerlebnis. Gerade in Oldtimern tragen sie entscheidend zum Gesamtbild bei und sind – wie das gesamte Fahrzeug – ein wichtiger Teil der automobilen Geschichte.
Ausflugstipp: Automobile Geschichte können Sie auch im BMW Museum, Audi museum mobile, Nationalen Automuseum, Porsche Museum Stuttgart und in der Autostadt Wolfsburg erleben.
Heute sind originale Veglia-Instrumente gefragte Sammlerstücke. Für viele Oldtimer-Fans gehören sie zum authentischen Erscheinungsbild ihres Classic Cars. Da Nachbauten selten denselben Charme wie die historischen Originale erreichen, steht bei der Restaurierung vor allem das Erhalten der originalen Instrumente im Vordergrund.

Bildquelle: Олександр Луценко – stock.adobe.com
Von Veglia Borletti zu Magneti Marelli
Ab den 1980er Jahren verkaufte die Borletti-Familie ihren gesamten Automobilzulieferbereich inklusive Veglia Borletti an Fiat, das diesen in die Tochter Magneti Marelli integrierte. Veglia Borletti als eigenständige Marke verlor rasch an Sichtbarkeit: Spätestens nach der Übernahme trugen nur noch wenige Premium-Instrumente den Schriftzug „Veglia“ oder „Veglia Borletti“.
Die Marke Veglia Borletti existiert heute nicht mehr separat und ist vollständig in Marelli (ehemals Magneti Marelli) aufgegangen. Marelli ist ein globaler Automobilzulieferer mit Sitz in Japan und Fokus auf Beleuchtung (weltweite Nr. 2 bei Scheinwerfern), Elektronik, Fahrwerke, Antriebsstränge oder Instrumente für Werkstätten.
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